Neues aus dem Studio
Jahrelang murrten die Fans, dass Bad Religion nicht in der Lage seien, die Energie der Anfangstage wieder auf einem Album auferstehen zu lassen. Bis "Process Of Belief" kam. Mit nur einem Album haben es die Punkväter geschafft, sich wieder in die Herzen alter Fans zu spielen und neue dazu zu gewinnen. Der Nachfolger zum Bestseller ist gerade in der Mache und wir wollten schon vorher von Gref Graffin wissen, was uns auf "The Empire Stikes First erwartet.
?: "Process Of Belief" lief für euch wirklich ideal. Mr. Brett kam zurück, die Scheibe knallte ohne Ende, man konnte fast von einer Verjüngungskur für Bad Religion sprechen. Mittlerweile ist wahrscheinlich schon wieder etwas Gewohnheit dabei, oder?
!: Stimmt, "Process Of Belief" wirkte wie ein frischer Wind. Doch wir wissen auch, wie man das verstärkt, was wir als Gut bei einem Vorgänger angesehen haben. Besonders wenn Brett und ich zusammen arbeiten, wie bis zu "Stranger Than Fiction". Bei "The Gray Race" hab ich die gute Arbeit auch noch alleine hingekriegt. Doch dann kam das Loch, welches sich erst mit Mr. Bretts Rückkehr schloss. Und jetzt fühlen wir uns wieder, wie zu der Zeit, als wir uns nach der ersten Trennung wieder zusammen schlossen, um "Suffer", "No Control" und "Against The Grain" einzuspielen. Also noch ist die Energie und der Verjüngungseffekt da.
?: Also würdest du die neuen Songs auch mit dieser Phase von Bad Religion vergleichen?
!: Nein, das nicht. Andere Leute, die das Album bereits gehört haben, haben es mit "Recipe For Hate" verglichen und ich bin geneigt, ihnen zuzustimmen.
?: Eine Ecke melodischer als der Vorgänger also, trotz der erneuten Zusammenarbeit zwischen dir und Mr. Brett, die letztes Mal so aggressive Songs hervorgebracht hat?
!: Mr. Brett und ich haben die Songs für das Album geschrieben. Wie bisher hat jeder von uns in seinem eigenen Studio die Ideen zusammengetragen, dann treffen wir uns und spielen uns gegenseitig die Tapes vor. Danach arbeiten wir gemeinsam die Songs aus, die wir dann den anderen Jungs vorstellen. Die bringen dann auch noch ein paar Impulse ein und fertig ist das Album. Das Melodische kam einfach so, dass war sicherlich keine bewusste Entscheidung. Aber wie damals bei "Recipe For Hate", glaube ich heute, dass das neue Album unser bestes ist.
?: Bis zur nächsten Scheibe wahrscheinlich... Aber woher habt ihr die Zeit für das Songwriting überhaupt genommen, ihr wart doch ohne Pause auf Tour?
!: Das ist richtig, ich habe auch schon vor einem Jahr mit dem Schreiben angefangen, als Brett noch die aktuelle Rancid-Scheibe produziert hat. Ich musste allerdings auch noch meine Dissertation fertig stellen (Greg hat gerade seinen Biologie-Doktor gemacht – Anm.d.Verf.), doch danach habe ich alle Zeit in das Songwriting investiert.
?: War auch Ausschussware dabei?
!: Leider. Vier oder fünf von mir und vielleicht drei Songs von Brett sind rausgeflogen. Irgendwie haben sie nicht zum Fluss des Albums gepasst, besonders in textlicher Sicht.
?: Wie schwer war es denn für euch einen anderen Produzenten an die Songs zu lassen oder eine Auswahl zu treffen, wo doch Brett selbst ein berühmter Studioboss ist?
!: Das kann ich nicht für ihn beantworten. Aber ich sehe es als positiv, wenn jemand von außerhalb mitredet. Erst müssen Brett und ich zusammenarbeiten, so dass es funktioniert und dann müssen wir zurück treten und jemand ans Steuer lassen, der auch viel Erfahrung hat. Wir sind manchmal einfach zu nah dran, um objektiv zu sein.
?: Führte das manchmal zu Streitigkeiten?
!: Das nicht, dafür haben wir zu viel Erfahrung und respektieren uns. Außerdem hat der Autor des Songs immer das letzte Wort.
?: Aber wie wird zum Beispiel entschieden, welcher der drei Gitarristen bei einem Stück im Vordergrund steht? Oder waren gar nicht alle an den Aufnahmen beteiligt?
!: Doch, es sind alle zu hören. Jeder spielt ja auch andere Saiten (lacht) und hat einen eigen Stil. Brian ist der beste Gitarrist, während Brett zum Beispiel eine ganz eigen Art hat, Soli zu spielen. Ein bisschen soulig. Greg Hetson dagegen ist der Meister des abgedämpften Down-Strokes, der auf jedem Album wichtig ist. Wir machen es im Studio dann so, dass jeder die Parts einspielen darf, für die er sich anmeldet. Und wenn das nicht klappt, darf der nächste ran.
?: Das hört sich nach klar abgesteckten Arbeitsweisen an. Wünscht du dir manchmal mehr Raum für Experimente zu haben, wie auf "Into The Unknown" (dem totgeschwiegenen B.R. Album) oder deinem Solo-Album?
!: Ja, die Situationen gibt es. Ich war natürlich jetzt zwei Jahre komplett eingespannt aber jetzt freue ich mich auf ein nächstes Solo-Album. Brett wird es sogar wahrscheinlich produzieren. Außerdem werde ich selbst eine Band im Studio betreuen, ich darf nur noch nicht sagen welche.
In Kürze gibt es das ausführliche Interview zum neuen Bad-Religion-Album.
Thorsten Wilms